Sozialismus, aber wie?

Wie kann ein emanzipatorischer Sozialismus aussehen – und welche Wege führen dorthin? Die Diskussionsveranstaltung machte deutlich, dass Differenzen zwischen Marxismus, Anarchismus und Postautonomen nicht spalten müssen, sondern produktive Debatten für eine solidarische Praxis eröffnen.

Sozialismus, aber wie?

Zur Diskussionsveranstaltung: „Marxisten, Anarchisten, Postautonome – wie passt das zusammen?“

Am 04.05.2025 fand unsere Diskussionsveranstaltung gemeinsam mit dem BAK Libertäre Plattform statt. Vertreten waren drei Strömungen, die den Verband prägen: Der klassische Marxismus (MN), der Anarchismus (BLP) und Postautonome. Circa 30 Personen verfolgten die Diskussion und gaben mit Fragen und Anmerkungen ihre Beiträge zur Debatte. Es wurden zentrale Themen der Verbandspraxis und einer sozialistischen Perspektive diskutiert. 

Gemeinsames Ziel ist ein demokratischer, emanzipatorischer und freiheitlicher Sozialismus. Differenzen zeigten sich dabei in der Perspektive auf einem Weg zum diesem Sozialismus. Die Betonung einer „richtigen Bewusstseinswerdung“ im hier vertretenen Anarchismus und der postautonomen Position lässt offen, wie aus einzelnen Akten der Rebellion gegen den Kapitalismus eine tatsächliche gesamtgesellschaftliche Transformation entstehen kann. Die klassisch marxistische Position betont dagegen, dass eine sozialistische Partei und auch ein sozialistischer Jugendverband die Arbeiter:innenklasse organisieren soll. Und dass über gemeinsame Kämpfe und stetiger Weiterentwicklung der Organisationen der Weg zum Sozialismus erfolgen soll. Die Notwendigkeit nach Massenorganisationen und einer demokratisch geführten Koordinierung konnte nicht zufriedenstellend widerlegt werden.

In dem Kontext stellen sich auch die wichtigen Fragen zur Verbandspraxis und auch zur Partei Die Linke. Was ist die Aufgabe einer sozialistischen Organisation? Welche Rolle in der Transformation können Parlamente spielen? Wie sieht unsere Staatskritik aus? Daraus bilden sich auch unterschiedliche Ansichten zu der Rolle des Bundesverbandes. Geteilt wird aber die wichtige Rolle als Austausch- und Debattenort. Wie stark die Impulse aus dem Bundesverband sein sollen, ist dabei unterschiedlich, allerdings eher graduell.

Trotz Differenzen gab es zu wichtigen Fragen Einigkeit. Als Gefahr werden autoritäre Tendenzen gesehen. Besonders zeigt sich das in der Verbandskultur und an dem Anhängen an autoritärer Sozialismusvorstellungen. Eine solidarische Verbands- und Streitkultur sind dabei notwendig, um dem entgegenzuwirken. Dabei kann auch diese Diskussionsveranstaltung als Beitrag zu einer solchen Kultur gesehen werden. Auch bestand Einigung darüber, dass eine linke Praxis in die Gesellschaft hineinwirken muss und sich nicht nur in Szeneräumen abspielen darf. Solidarische Praxis und der vorpolitische Raum sollen stärker Teil der Linksjugend Praxis werden.

Als pluralistischer Jugendverband ist es unsere Aufgabe, Gemeinsamkeiten und Differenzen produktiv zu gestalten. Gerade die Einigkeit im Fokus auf Arbeit vor Ort können verbandseinigende Praxis ermöglichen. Dabei sind die unterschiedlichen Auffassungen natürlich nicht irrelevant. Es braucht dabei mehr Austausch und Diskussion. Auch brauchen weitere brennende Themen in der Verbandsdebatte Klärung. Wie sieht feministische Verbandspraxis aus? Im welchen Verhältnis stehen dabei Frauen, nicht-binäre und weitere Gruppen im Patriarchat? Welche Themen sollten im Fokus unserer Kommunikation und Praxis stehen? Alles Debatten, die wir im Netzwerk und im Verband verstärkt führen müssen.

Ein Dank gilt den drei Podiumsteilnehmer:innen, den vielen Zuschauer:innen und auch der Moderation und dem Vorbereitungsteam. Insbesondere die angenehme und konstruktive Atmosphäre lassen nach mehr wünschen.

Ein Beitrag von Till Pompe (Sprecher der Basisgruppe Köln)