Was tun gegen die AfD? – Faschismus und Antifaschismus gestern und heute
Das Marxistische Netzwerk stellt auf der zweiten Tagung des XVI. Bundeskongress folgenden Antrag.
Durch die steigenden Umfrageergebnisse der AfD und die vom Journalist:innenkollektiv „Correctiv“ veröffentliche Recherche über ein Treffen von Vertreter:innen der AfD und Werteunion, Kapitalist:innen und Aktivist:innen der neuen Rechten, auf der über massenhafte Deportationen deutscher Staatsbürger:innen mit Migrationshintergrund phantasiert wurde, ist die Gefahr einer Faschisierung in Deutschland stärker in den öffentlichen Diskurs gerückt. Vielerorts gab es daraufhin große Proteste gegen die AfD. In der linken Debatte bleibt aber unklar, wie eine kluge linke Strategie gegen Faschismus aussieht und wie man Faschismus genau versteht.
Was ist Faschismus?
Faschismus ist ein Sammelbegriff für verschiedene rechtsradikale Massenbewegungen, die in den letzten 100 Jahren – ausgehend vom italienischen Faschismus – entstanden sind, deren Ideologie sowie für die von diesen Bewegungen etablierten politischen Systeme. Ihrer sozialen Herkunft nach rekrutierte sich der Faschismus aus deklassierten und enttäuschten Teilen aller Klassen, dabei insbesondere aus dem Kleinbürgertum, das besonders von Krise und sozialem Abstieg bedroht war. Faschistische Ideologie war durch extremen Nationalismus, Antikommunismus, Militarismus sowie Ethnozentrismus geprägt, der die Form von Rassismus und/oder Antisemitismus annehmen konnte. Faschisten konstatierten eine nationale Krise, hervorgerufen durch eine Niederlage der eigenen Nation in der internationalen Staatenkonkurrenz und/oder durch die Einebnung althergebrachter gesellschaftlicher Hierarchien. Zur Überwindung dieser Krise propagierten Faschisten eine nationale Wiedergeburt. Der Faschismus unterschied sich von anderen Formen extrem rechter Politik durch seinen massenpolitischen Charakter, seine umstürzlerische Strategie und seine scheinrevolutionäre und pseudo-antikapitalistische Rhetorik. Die Organisationsstruktur der faschistischen Partei war durch das Führerprinzip gekennzeichnet und sie verfügte über paramilitärische Kampfbünde. Der Faschismus als Herrschaftssystem mündete stets in der Zerschlagung der Arbeiter:innenbewegung mit terroristischen Mitteln, die Vernichtung der bürgerlichen Demokratie mit allen ihren Rechten und Freiheiten, der Unterdrückung jedweder Opposition – auch der bürgerlichen – und der vollständigen Unterwerfung der Lohnabhängigen unter das Kommando von Kapitalist:innen und Großgrundbesitzer:innen. In der fortgeschrittenen Phase faschistischer Herrschaft fand eine Verschmelzung der Eliten von Industrie, Banken, Militär und Beamtenschaft mit der Führungsgruppe der faschistischen Partei statt.
Faschistische Bewegungen entstanden in historischen Situationen, die sich in vielerlei Hinsicht von der heutigen Situation unterscheiden. Der Klassencharakter, die Ideologie und Praxis von Parteien wie der AfD weisen neben Gemeinsamkeiten auch viele Unterschiede zum historischen Faschismus auf. Eine Analyse des historischen Faschismus kann uns aber dabei helfen, strategische Schlussfolgerungen für den Kampf gegen die AfD zu ziehen.
Analyse des historischen Faschismus
Der Vergleich zwischen dem italienischen und deutschen Fall verdeutlicht den Kontrast zwischen zwei grundsätzlich verschiedenen Typen von historischen Situationen, in denen der Faschismus an die Macht gelangte:
In Italien nach dem Ersten Weltkrieg befand sich die Arbeiter:innbewegung in einer Position der besonderen Stärke. Ein Konjunkturaufschwung führte zu niedriger Arbeitslosigkeit und infolgedessen zu hoher Streikbereitschaft und steigenden Löhnen. Die Arbeiter:innenbewegung führte einen – mit Antonio Gramsci gesprochen – Bewegungskrieg und befand sich in einer Offensive des Klassenkampfes. Der Bestand des kapitalistischen Herrschaftssystem war ernsthaft durch eine militante Arbeiter:innenbewegung gefährdet. In dieser Situation kam der Faschismus in Form einer unmittelbaren Reaktion der Kapitalist:innen und Großgrundbesitzer:innen zur Rettung des kapitalistischen Systems. Paramilitärische Kampfbünde vor allem kleinbürgerlicher Klassenherkunft wurden von den herrschenden Klassen unterstützt, um die Arbeiter:innenbewegung terroristisch niederzuschlagen.
In Deutschland hingegen kam der Faschismus in einer Situation der relativen Schwäche der Arbeiter:innenbewegung an die Macht, bei der gleichzeitig der bürgerlich-liberale Status Quo durch eine vom Kapitalismus verursachte schwere Wirtschaftskrise ins Wanken geriet. Hohe Arbeitslosigkeit, infolgedessen niedrige Streikbereitschaft und sinkende Löhne – verstärkt durch die Austeritätspolitik einer bürgerlichen Regierung – führten zu einer schwachen Verhandlungsposition der Arbeit gegenüber dem Kapital. Die Arbeiter:innenbewegung befand sich in einem Stellungskrieg und in der Defensive. In dieser Situation, in der zugleich eine glaubhafte Alternative von links fehlte, da die SPD sich zum Teil an der katastrophalen Austeritätspolitik beteiligte und die KPD selbst zu schwach war, um das kapitalistische System zum Umsturz zu bringen, sowie unwillens war, die Austeritätspolitik auf reformerischem Wege zu beenden, konnte der Faschismus die in breiten Teilen der Bevölkerung herrschende Unzufriedenheit für seine Agenda nutzen und so vor allem durch parlamentarische Wahlen und weniger durch Gewalt an Bedeutung gewinnen. An die Macht gelangte der Faschismus in Deutschland schließlich durch ein Bündnis der faschistischen Partei mit den alten Eliten aus dem Militär, der Großgrundbesitzer:innenklasse sowie Teilen der Kapitalist:innenklasse.
Insbesondere in Krisensituationen schafft es der Faschismus durch ein scheinrevolutionäres Programm aus deklassierten und enttäuschten Teilen aller Klassen Anhänger:innen zu rekrutieren. Dabei arbeiten Faschisten mit einer Rhetorik, die ein „Wir“ und ein „die Anderen“ konstruiert und soziale Unterschiede innerhalb des „Wir“, innerhalb der „Volksgemeinschaft“, zu überwinden verspricht. Anstatt beispielsweise als Arbeiter:innenklasse gegen Ausbeutung zu kämpfen, verspricht man eine ideelle – nicht aber materielle – Einebnung des Klassengegensatzes zum Zweck des gesteigerten Erfolgs der Nation in der Staatenkonkurrenz. Dadurch politisiert der Faschismus Unzufriedenheit ganz anders als linke Klassenpolitik, kanalisiert die Wut weg vom eigenen Chef hin zu als fremd und bedrohlich dargestellten Gruppen und tastet die kapitalistische Ordnung und die bürgerliche Herrschaft nicht an. Linke Klassenpolitik versucht stattdessen, individuelle Unterdrückungs- und Ausbeutungserfahrungen in den Kontext einer grundlegenden Systemkritik einzubetten.
Ideologisch zeichnet sich der Faschismus durch ein naturalistisches und antirationales Bild vom Menschen und der Welt aus: Herrschafts- und Ausbeutungsverhältnisse werden von Faschisten nicht als geschichtlich geworden, von Menschen gemacht und somit als veränderbar verstanden, sondern als ewig, von Natur aus gegeben und damit als unhinterfragbar aufgefasst. Der Faschismus propagiert, eine „natürliche Ordnung“ zu schaffen, in der jede und jeder dem von der Natur aus vorbestimmten Platz in der sozialen Hierarchie zugeordnet wird. Er bedient sich in seiner Rhetorik eines – mit Ernst Bloch gesprochen – „Wärmestroms“, der an die Gefühle der Menschen und populäre Mythen anknüpft, im Gegensatz zu einem „Kältestrom“, der an die menschliche Vernunft appelliert. Diese naturalistische und antirationale Ideologie verknüpft der Faschismus mit einer hochmodernen Organisationsform und einem ausgesprochen ausgefeilten Zweckrationalismus in Strategie und Taktik.
Aktuelle Lage
Mit der AfD hat sich eine Partei mit faschistischem Potential in der deutschen Parteienlandschaft etabliert. Anfangs beschworene Brandmauern wurden allmählich aufgegeben, was erste Kooperationen auf Kommunal- und Landesebene zeigen, wie bspw. die Wahl des FDP-Politikers Thomas Kemmerich zum Ministerpräsidenten in Thüringen mit AfD-Stimmen. Die AfD ist der parlamentarische Arm der radikalen Rechten und trägt ihre Positionen in die Parlamente, was verschiedene personelle Überschneidungen zur neuen Rechten in Europa wie der „Identitären Bewegung“ zeigt.
Die AfD weist sowohl Gemeinsamkeiten als auch erhebliche Unterschiede zum historischen Faschismus auf. Vom historischen Faschismus unterscheidet sie sich dadurch, dass sie ihre Wähler:innen nicht mehr vor allem im Kleinbürgertum findet, das im Gegensatz zur ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts demographisch keinen relevanten Teil der Bevölkerung mehr ausmacht. Stattdessen wählen vor allem Arbeiter:innen die AfD – nicht selten solche, die von sozialem Abstieg bedroht sind oder bereits sozial abgestiegen sind, wie die hohen Wahlerfolge der AfD in strukturschwachen Regionen zeigen. Das kleinbürgerliche Element lässt sich allein noch im Führungspersonal der AfD erkennen, das sich überwiegend aus den bürgerlichen Mittelklassen rekrutiert, wie etwa aus Kleinunternehmer:innen (Tino Chrupalla), Vermögensverwalter:innen (Alice Weidel, Peter Boehringer), Rechtsanwält:innen (Stephan Brandner) und beamtete Lehrer:innen (Björn Höcke).
Wenngleich das wirtschaftspolitische Programm der AfD neoliberal geprägt ist und damit auf eine Kräfteverschiebung zugunsten des Kapitals und auf Kosten der Arbeit abzielt, hat der weit überwiegende Teil der Kapitalist:innenklasse im Gegensatz zum historischen Faschismus derzeit kein Interesse an einer Machtübertragung an die AfD. Insbesondere der nun in das öffentliche Bewusstsein gerückte Deportationsplan der AfD, der etwa ein Siebtel der Bevölkerung in Deutschland betreffen würde, ist nicht im Verwertungsinteresse des Kapitals, das in Zeiten von Arbeitskräftemangel dringend auch auf migrantische Arbeiter:innen angewiesen ist. Die euroskeptischen Positionen der AfD schrecken das Kapital ebenfalls ab, weil die deutsche Wirtschaft exportorientiert ist und daher den EU-Binnenmarkt als Absatz für ihre Waren braucht. Diese manifesten Unterschiede zwischen der AfD-Programmatik und den Interessen des Kapitals bedeuten aber keineswegs, dass sich die Kapitalist:innenklasse nicht mit der AfD arrangieren wird, wenn die AfD in Regierungsverantwortung kommt. Länder, in denen Parteien wie die AfD bereits an der Macht sind, wie etwa Ungarn oder Italien, zeigen aber, dass diese Parteien radikale Forderungen, die im direkten Widerspruch zu den Interessen des Kapitals stehen, schlichtweg nicht umsetzen. Auch verfügt die AfD über keine paramilitärischen Kampfbünde, die eine potentiell revolutionäre Arbeiter:innenbewegung terrorisiert, die es derzeit und auf absehbare Zeit nicht gibt. Geraten Parteien wie die AfD als stärkste Kraft dauerhaft in Regierungsverantwortung, kommt es bisher auch nicht zu schlagartigen Entmachtungen der Parlamente und zur sofortigen Kriminalisierung jeder Opposition. Vielmehr hat man es, wie etwa in Ungarn, mit einem schleichenden Prozess der autoritären Formierung von Staat und Gesellschaft sowie der Aushöhlung bürgerlicher und sozialer Rechte sowie rechtsstaatlicher Prinzipien zu tun, wenngleich die bürgerliche Demokratie ihre formelle Hülle beibehält. Die Gemeinsamkeiten mit dem historischen Faschismus beziehen sich vor allem auf die Ideologie – insbesondere den Ethnozentrismus – und die Art und Weise, wie soziale Unzufriedenheit politisiert und in systemkonforme Bahnen gelenkt wird.
Der Grund für die steigenden Umfrageergebnisse der AfD in den letzten Monaten sowie die damit verbundenen Wahlerfolge auf kommunaler und Landesebene liegen in der sozialen Krise, die wesentlich durch die Austeritätspolitik der regierenden Ampelkoalition verursacht wird. Diese Legitimitätskrise des hegemonialen Blocks vermag die politische Linke aufgrund interner Zankereien nicht zu füllen, sodass dieses Vakuum von rechts gefüllt wird. Als besonderes negatives Verdienst der Ampelkoalition muss hervorgehoben werden, dass sie es geschafft hat, jedweden Klimaschutz in breiten Teilen der Bevölkerung mit einer Verteuerung von Energie und Lebensmitteln in Verbindung zu bringen. Die AfD kann sich in den Augen breiter Teile der Bevölkerung gegenüber der katastrophalen Klima- und Wirtschaftspolitik der Ampelkoalition als glaubhafte Alternative inszenieren, indem sie eine Rückkehr zu fossilen Energieträgern propagiert und die menschengemachten Ursachen des Klimawandels leugnet. Auch die Existenzängste von Arbeiter:innen, die durch den möglicherweise erfolgenden Wegfall von Industriearbeitsplätzen aufgrund der ökologischen Transformation der Wirtschaft verursacht wird, sind ein gefundenes Fressen für die AfD.
Diese krisenhafte Situation alleine macht natürlich niemanden automatisch zum Rechtsradikalen – beim Prozess der Faschisierung spielen auch sozialpsychologische Prozesse eine Rolle. Für uns als politische Linke macht es jedoch Sinn, sich weniger auf die subjektiven Faktoren zu konzentrieren, sondern die begünstigenden gesellschaftlichen Rahmenbedingungen zu bekämpfen.
Antifaschistische Strategie
Um unserem Anspruch als antifaschistischer Jugendverband gerecht zu werden, reicht es nicht aus, Nazis doof zu finden: Gegen rechts hilft am besten eine starke Linke, die die sozialen Ursachen, die für den Aufstieg der Rechten verantwortlich sind, wirksam bekämpft, statt sich nur auf moralische Appelle zu verlassen. Wir müssen deshalb am Aufbau einer starken, klassenkämpferischen Linken arbeiten.
Um die sozialen Ursachen des rechten Aufstiegs anzugehen, gilt es, die Austeritätspolitik der Ampelkoalition zu bekämpfen. Dazu müssen wir uns in aktuellen Klassenkämpfen für konkrete Verbesserungen und gegen die Kürzungspolitik einbringen. Langfristig müssen wir auch alle Institutionen angreifen, die eine Austeritätspolitik festschreiben. Dazu gehören die Schuldenbremse, ein ungerechtes Steuersystem, das vor allem auf die Besteuerung von Löhnen und Konsum statt auf große Vermögen und Kapitalrenditen abzielt, den Status der Europäischen Zentralbank als eine von demokratischer Kontrolle „unabhängigen“ Institution, die sich einseitig auf Preisstabilität fokussiert und den Kampf gegen Arbeitslosigkeit vernachlässigt, und ein reaktionäres Streikrecht, das es Arbeiter:innen verbietet, politische und wilde Streiks zu führen. Darüber hinaus müssen wir als radikale Linke eine systemische Kritik in die Bewegungen einbringen, welche über die Forderungen nach mehr Sozialstaat und ein Ende des Austeritätsregimes hinausgehen. Krisen sind dem Kapitalismus immanent, also kann am Ende nur eine Überwindung dieses krisenhaften Systems uns vor seinen potentiellen Folgen dauerhaft schützen.
Beim Klimaschutz darf die politische Linke das Soziale nicht vernachlässigen. Die beste Prävention gegen rechte Sozialdemagogie sind niedrige Lebensmittel- und Energiepreise. Wir dürfen Arbeiter:innen nicht das Gefühl vermitteln, dass ihnen mit Klimaschutz etwas weggenommen wird. Dieses Gefühl nämlich ist ebenfalls willkommener Nährboden für die AfD. Vielmehr gilt es, etwa durch eine Ausfinanzierung des öffentlichen Personenverkehrs Pendler:innen neue Formen des „öffentlichen Luxus“ zu ermöglichen. Insbesondere die Beteiligung an Kampagnen wie „Wir fahren zusammen“, die von der Gewerkschaft ver.di und der Klimagerechtigkeitsbewegung „Fridays for Future“ initiiert worden ist, kann dafür einen wichtigen Beitrag leisten. Darüber hinaus müssen wir als politische Linke ein realistisches und sozialverträgliches Konzept zur ökologischen Transformation der Wirtschaft vorlegen, das die Verbindung zu den Arbeiter:innen und Gewerkschaften aktiv sucht, statt sich über diese hinwegzusetzen. Wenngleich sich die konkrete Tätigkeit von Arbeiter:innen ändern wird, muss unsere Botschaft lauten: Jeder Arbeitsplatz bleibt erhalten!
Obwohl es mit der Austeritätspolitik eine Gemeinsamkeit zwischen der aktuellen und historischen Wirtschaftslage gibt, die der NSDAP zur Macht verhalf, gibt es auch entscheidende Unterschiede, an die eine antifaschistische Strategie anknüpfen kann. Die im Gegensatz zur Situation Anfang der 1930er Jahre aktuell – trotz austeritätsbedingter Rezession – niedrige Arbeitslosigkeit und der Arbeitskräftemangel führt zu einer tendenziell vorteilhaften Verhandlungsposition der Arbeit gegenüber dem Kapital. Auch möchten Arbeiter:innen die Reallohnverluste durch die Inflation wieder wettmachen. Diese beiden Faktoren haben zu einer mächtigen Streikwelle geführt, die bis zum jetzigen Zeitpunkt anhält. Gewerkschaftliche Streiks führen Arbeiter:innen mit und ohne Migrationshintergrund durch gemeinsame Organisations- und Kampferfahrungen zusammen. Sie wirken damit einem rassistischen Bewusstsein, an das die AfD anknüpfen kann, entgegen. Durch die Unterstützung von Streikposten und – darüber hinaus – die Erarbeitung einer langfristigen Strategie, wie wir uns als Verband in Gewerkschaften und Arbeitskämpfe einbringen können, kann die Linksjugend ['solid] einen wichtigen Beitrag dazu leisten.
Gleichzeitig gilt es aber auch, Faschisten konkret entgegenzutreten – auf der Straße, in öffentlichen Diskussionen, in den Parlamenten und auf der Familienfeier. Gegen zunehmende rechte Gewalt stellt sich die Frage der konkreten Verteidigungsfähigkeit, gegen rechte Diskurshegemonie insbesondere im digitalen Raum braucht es eine linke Medienstrategie.
Die zwei Notwendigkeiten – einerseits durch den Aufbau einer starken klassenkämpferischen Linken und das Aufzeigen einer Systemalternative, die die Ursache des Rechtsrucks angeht, gleichzeitig aber andererseits möglichst großen und deshalb notwendigerweise breiten Gegenwind zur extremen Rechte zu organisieren – führte Linke historisch immer wieder vor schwere bündnispolitische Entscheidungen. Das eine Extrem – Sektierertum – ist historisch beispielsweise in Form der Sozialfaschismusthese wirksam geworden. Die Linie der KPD, alle Kräfte von SPD bis NSDAP zu unterschiedlichen Flügeln des gleichen Feindes zu erklären, wurde sowohl in der akademischen Geschichtsschreibung als auch in der Geschichtsschreibung der kommunistischen Bewegung selbst einhellig als schwerer Fehler mit dramatischen historischen Konsequenzen benannt, weshalb die KPD und die Dritte Internationale diese Linie auch später einhellig verwarf und durch die gegensätzliche Volksfrontstrategie ersetzte. Andererseits zeigte sich immer wieder, auch aktuell, dass eine kritiklose Einreihung der politischen Linken in Bündnissen, die bis weit ins bürgerliche Spektrum hineinreichen, oft dazu beiträgt, linke Alternativen zur herrschenden Politik unsichtbar zu machen und den Aufstieg faschistischer Kräfte sogar noch weiter zu unterstützen.
Bündnisfähigkeit und Eigenständigkeit stellen dabei ein Spannungsverhältnis dar, das sich nicht einseitig auflösen lässt. Hier die richtige Antwort zu finden, braucht immer eine konkrete Analyse der konkreten Situation und lässt sich nicht überhistorisch-abstrakt klären. Klar ist aber, dass rein negative Bündnisse, die keine Positionen außer abstraktem Antifaschismus haben, am Ende dem Rechtsruck nicht nachhaltig Einhalt gebieten werden können. In jeder Situation braucht es also eine Verbindung von antifaschistischen Positionen mit Forderungen nach einer sozialeren und demokratischeren Gesellschaft. Auch in breiteren Bündnisformationen treten wir für eine sozialististische Perspektive ein.