Wie wir Gewerkschaften auf links drehen

Wie können Gewerkschaften zur kämpferischen Gegenmacht von unten werden – trotz Sozialabbau, Rechtsruck und Kriegskeynesianismus? Der Bericht von der Streikkonferenz zeigt, warum Demokratisierung, klare Positionen und organisierte Opposition jetzt entscheidend sind.

Wie wir Gewerkschaften auf links drehen

Ein Bericht von der Konferenz für gewerkschaftliche Erneuerung der Rosa-Luxemburg-Stiftung

Vom 2. bis 4. Mai verwandelte sich die Technische Universität Berlin in ein Zentrum linker Arbeitskämpfe: Über 3.000 gewerkschaftlich Aktive aus Betrieben, Initiativen und Bewegungen kamen zur Streikkonferenz der Rosa-Luxemburg-Stiftung zusammen. Unter dem Motto „Gegenmacht im Gegenwind“ wurde drei Tage lang diskutiert, analysiert und vernetzt. Im Zentrum stand die Frage, wie Gewerkschaften in Zeiten von Rechtsruck, Sozialabbau, Sparpolitik und Militarisierung wieder zur gesellschaftlichen Kraft werden können, die sie einmal waren – oder mehr noch: zur kämpferischen Gegenmacht von unten.

In Podien, Workshops und Pausengesprächen wurde deutlich: Wer den politischen Diskurs nach links verschieben will, braucht nicht nur radikalere Tarifforderungen und ein offensiveres Auftreten, sondern auch eine klare Rückbesinnung auf den antagonistischen Widerspruch zwischen Kapital und Arbeit. Doch dabei stellt sich nicht nur das Kapital als Gegner in den Weg. Auch innerhalb der Gewerkschaften selbst stößt eine solche Perspektive oft auf Widerstand – insbesondere bei sozialpartnerschaftlich orientierten Führungen, die in der Hoffnung auf Dialog verharren, obwohl die Gegenseite diesen längst aufgekündigt hat.

Am deutlichsten zeigte sich diese Spannung in der Frage von Aufrüstung und Kriegspolitik. Während viele gewerkschaftliche Grundsatzdokumente und Beschlüsse in der Tradition antimilitaristischer Arbeiter:innenbewegung stehen, setzen manche Apparate de facto auf Kriegskeynesianismus: Statt Arbeitsplätze in der Autoindustrie durch Umstellung auf sozial-ökologische Produktion zu sichern, wird stillschweigend akzeptiert, dass Rüstungsproduktion als Ausweg herhalten soll – Panzer statt Busse, Munition statt Maschinen. Eine Strategie, die weder friedens- noch klimapolitisch tragfähig ist und der Interessenlage der abhängig Beschäftigten fundamental widerspricht.

Die Lösung liegt auf der Hand, ist aber nicht bequem: Es braucht eine organisierte Opposition innerhalb der Gewerkschaften, die für Demokratisierung, für transparente und basisgestützte Tarifrunden sowie für eine politische Re-Politisierung der Gewerkschaftsbewegung streitet. Die Streikkonferenz selbst könnte ein Kristallisationspunkt für diese notwendige Erneuerung von unten sein – doch hier offenbart sich ein Dilemma. Als Stiftung der Partei Die Linke ist die Rosa-Luxemburg-Stiftung auf Kooperation mit bestehenden Gewerkschaften angewiesen und kann nicht offen zur Opposition gegen die Gewerkschaftsführungen aufrufen, ohne ihre Bündnisse zu gefährden.

Erschwerend kommt hinzu, dass die Rolle der Partei Die Linke auf der Konferenz weitgehend unklar blieb. Welche politische Struktur kann eine solche gewerkschaftliche Opposition also tragen, ohne in parteipolitischer Vereinnahmung zu ersticken? Eine mögliche Antwort könnte in der Arbeit der Bundesarbeitsgemeinschaft Betrieb & Gewerkschaft (BAG B&G) innerhalb der Linken liegen – sofern es ihr gelingt, sich als offenes Forum und Motor gewerkschaftlicher Erneuerung zu positionieren.

Klar ist: Die Debatte hat gerade erst begonnen. Doch wer den Anspruch hat, Gewerkschaften nicht nur zu reformieren, sondern wirklich auf links zu drehen, braucht Ausdauer, klare Positionen – und Strukturen, die Konflikt nicht scheuen, sondern organisieren.

Ein Beitrag von Florian Landes (Landessprecher in Thüringen)